Heide Witzka – Die Laus auf meiner Leber

 

Wieder einmal so ein Tag, der sich zäh wie Kaugummi zieht. Kopfweh stellt sich ein – natürlich! Und jetzt auch noch eines dieser Meetings. Missmutig greife ich fahrig nach der Kaffeetasse und verschütte ein wenig auf meiner Bluse. Ernsthaft? Ich stoße einen tiiieeefen Seufzer aus. Eine Kollegin hebt eine Augenbraue und fragt: „Welche Laus ist Dir denn über die Leber gelaufen?“ 

Die Frage bleibt in der Luft hängen, während ich verlegen an meinem Kaffeebecher nippe und versuche, meine schlechte Laune zu überwinden. Die absurde Vorstellung einer realen Laus, die quer über meine Leber trampelt, ließ mich nicht los. 

In der Mittagspause suche ich mir ein Plätzchen im Freien. Und sofort schweifen meine Gedanken ab. In meine Fantasie. Ich höre und spüre in mich hinein. Das habe ich bei meinem Meditationskurs gelernt; beobachten was ist, ohne zu bewerten. Präsenz. Leichter gesagt als getan, aber ich versuche es mal, atme tief ein und aus, werde ruhiger. Ich frage mich: Was ist das eigentlich für eine Laus, die mir da regelmäßig über die Leber läuft? Und während ich so in mich versinke, taucht auf einmal ein freches Gesicht vor mir auf. „Ähm, suchst du mich?“, wisperte eine winzige, freche Stimme. 

Tatsächlich stand dort mitten auf meiner Leber eine winzige Gestalt. War das... eine Laus? 

Sie grinste mich breit an. Ehe ich aus meiner Meditation aufschrecken konnte, hörte ich die kleine Gestalt erneut sprechen: „Na, was guckst du so? Du hast doch nach mir gefragt – die Laus, die dir über die Leber gelaufen ist.“ 

„Du... du sprichst mit mir?!“ flüsterte ich, in der Hoffnung, dass niemand sah, wie ich offenbar mit mir selbst redete. 

Die Laus stemmte die winzigen Fäustchen in die Hüften. „Na klar spreche ich. Was hast du denn erwartet? Ich bin Heide Witzka, sehr erfreut.“ 

„Heide... witzka?! Ja klar“, entfuhr es mir, und ich musste grinsen, obwohl ich immer noch sehr sehr schlecht gelaunt war. 

„Ganz recht“, Heide Witzka – die Laus deines Vertrauens.“ 

„Also wenn wir uns hier schon treffen: Was willst du von mir und was hast du auf meiner Leber zu suchen?“, fragte ich. 

Heide Witzka konterte: „Eigentlich solltest du eher fragen, was du von mir willst“, entgegnete sie und deutete mit einem ihrer winzigen Füße auf mich. 

„Ich? Gar nichts! Ich will meine Ruhe und dass dieser Tag vorbeigeht“, maulte ich und dachte: „Das darf ich echt keinem erzählen, dass ich Dialoge mit meiner Leberlaus führe.“ 

Heide verzog gespielt beleidigt das Gesicht. „Na hör mal, ich geb mir solche Mühe und dann das…“ 

„Wofür genau gibst du dir Mühe?“, fragte ich. 

Heide Witzka stemmte die winzigen Hände in die Hüften. „Ich bin nur da, wenn ich gebraucht werde – und glaub mir, du brauchst mich gerade dringend.“ 

„Dass ich nicht lache…“, murmelte ich und spürte schon wieder Ärger in mir aufsteigen. 

„Siehst du? Genau deswegen bin ich hier“, unterbrach sie meine beginnende Gedankenspirale. „Du kochst ja innerlich! Und jetzt tu mal nicht so, als wäre daran nur der verschüttete Kaffee schuld.“ 

Die kleine Laus hatte ihre Ärmchen vor der Brust verschränkt und wartete. „Naja…“, begann ich zögernd, „es war ein echt anstrengender Vormittag und dann auch noch der Kaffeefleck. Da darf man doch wohl schlecht drauf sein, oder?“ 

Heide Witzka schüttelte den Kopf. „Klar doch. Aber schon komisch, hm? An anderen Tagen hättest du über einen Kaffeefleck vielleicht gelacht. Was ist hier wirklich los?“ 

Ich seufzte. Tatsächlich nagte in letzter Zeit etwas an mir, über das ich noch mit niemandem gesprochen hatte. 

„Vielleicht hast du Recht... Irgendwie läuft mein Leben tatsächlich gerade nicht so“, gab ich zu. Es gab einige Entscheidungen zu treffen, die ich vor mir herschob. Warum kam ich nicht ins Tun? Ich mochte mich gerade selbst nicht und hatte keinen Plan, wie ich jetzt konkret weitermachen sollte. 

Heide Witzkas strenger Gesichtsausdruck verwandelte sich in ein zufriedenes Grinsen. „Na also. Dachte ich’s mir doch. Unzufriedenheit deluxe, hm?“ 

Sie hüpfte auf und ab. „Weißt du, dieses Gefühl ist ein Hinweis. Auf das, was dir fehlt, tief in dir,  und auch auf das, was dir wirklich wichtig ist, aber noch nicht in deinem Leben ist“, erklärte sie und tippte sich bedeutungsvoll an ihre winzige Stirn. 

Ich schwieg einen Moment und ließ das sacken. Diese Laus war ganz schön weise. Langsam breitete sich ein Lächeln in mir aus. Heide Witzka hatte einen Nerv getroffen (im wahrsten Sinne des Wortes). 

„Weißt du was, Heide? Vielleicht bist du doch zu etwas gut“, meinte ich schmunzelnd. „Ich werde mir Rat bei einer Freundin holen oder vielleicht ein Coaching buchen. So kann es wirklich nicht weitergehen.“ 


Die Laus reckte stolz die Fäuste in die Hüften. „Na klar! Ich bin zwar klein, aber oho. Also, nächstes Mal hörste lieber gleich auf mich.“ 

Ich nickte ergeben. „Abgemacht.“ 

Heide Witzka grinste und winkte mit einem Zauberstab, den sie plötzlich in der Hand hielt. „So gefällt mir das. Und denk dran: Manchmal muss eben erst eine Laus über die Leber laufen, damit du merkst, was wirklich los ist.“ 

Info: Heide habe ich von Hand gezeichnet (siehe Bild oben auf der Seite). Die Comic Version habe ich mit ChatGPT erstellt. Auch beim Dialog mit Heide habe ich mich von der KI inspirieren lassen. Diese Geschichte ist somit eine Symbiose aus meiner Fantasie und künstlicher Intelligenz. Vielleicht bekommt Heide irgendwann eine eigene Rubrik auf meiner Homepage. Mal sehen, ob und was wir noch von ihr lesen werden..... 

Ende März 2025